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Die schönsten Kirchen Wiens: Teil3 – Die Wotruba Kirche

Die Wotruba Kirche

Die Wotruba Kirche oder auch „Kirche zur heiligsten Dreifaltigkeit“

Die Kirche ist eine klare Aussage moderner Skulptur…Ja, sie lesen richtig Skulptur!…ihr Architekt war nämlich der österreichische Bildhauer Fritz Wotruba.

…ein leider immer noch weit unterbewerteter österreichischer Bildhauer.

Zur Person Fritz Wotruba

Geboren wurde er als Sohn eines Schneidergehilfen 1908 in Wien. Ursprünglich lernte er das Handwerk eines Stanzengraveurs. Seit 1926 besuchte er die offenen Abend- und

Große Liegende,1931

Große Liegende,1931

Aktzeichenkurse der Kunstgewerbeschule des österreichischen Museums für Kunst und Industrie (die heutige Akademie der angewandten Kunst). Bis zum Ende seiner Ausbildung 1928 war er Schüler Anton Hanaks und Eugen Steinhofs. 1929 wird er nach einem Disziplinarverfahren wegen Einmischung in einen Disput zwischen dem Professor Steinhof und seiner zukünftigen Gattin MarianFleck, jedoch mit gutem Abschlusszeugnis, von der Akademie verwiesen.

Torso, 1928/29

Torso, 1928/29

Im Zuge dieser Kurse bei Professor Steinhof lernte er die jüdische Kaufmannstochter Marian Fleck kennen, die er 1929 ehelichte.

In den dreißiger Jahren schließ er Freundschaften mit vielen – heute – bekannten Künstlern seiner Zeit, wie zB. Elias Canetti, Hermann Broch, Herbert Boeckl und dem Komponisten Alban Berg. Auch unterrichtete er Anna Mahler im Zeichnen und pflegte regen Gedankenaustausch mit ihr. Bereits in den Jahren 1932 und 1936 nahm er an der Biennale in Venedig teil.

Als die Nationalsozialisten die Macht übernahmen ging er im Jahre 1938 aus politischen und wirtschaftlichen Gründen in die Schweiz.

Erst im Jahre 1945 kam er auf Vermittlung von Herbert Boeckl wieder nach Wien zurück und übernahm ebenda den Lehrstuhl der Bildhauerei-Meisterklasse an der Akademie der bildenden Künste den er bis zu seinem Tode im Jahre 1975 inne hatte. Zu seinen bekanntesten Schülern zählten die Bildhauer Avramidis und Alfred

Frauenkopf, 1930

Frauenkopf, 1930

Hrdlicka (dessen „Mahnmal gegen Krieg und Faschismus“ heute auf dem Albertinaplatz zu sehen ist).

Als Vertreter Österreichs nahm er an der documenta II (1959), documenta III (1964) und der documenta VI (1977) in Kassel teil.

Trotz vieler Bemühungen der Fritz Wotruba Privatstiftung, unter seinem Präsidenten, dem ehem. Direktor und Ägyptologen des KHM, Dr. Wilfried Seipel und dem Zusammenwirken von Frau Dir. Agnes Husslein-Arco (aktuelle Direktorin des Belvedere) und der gemeinsam gestalteten Sonderausstellung im unteren Belvedere im Jahre 2007, ist das Gesamtwerk von Fritz Wotruba leider immer noch nicht einer breiten Öffnetlichkeit bekannt.

Perspektive – 21 Haus

Nach dem lange über einen eigenen Standort für die Arbeiten Wotrubas‘ nachgedacht wurde, hat sich mit dem 2012 wiederöffneten 20er- als 21er-Haus endlich eine würdige Präsentationsfläche für einen der wichtigsten österreichischen Künstler des 20.Jahrhunderts gefunden.

Das Werk

Wotruba hat sich in seinen Arbeiten stark an den klassischen Vorbildern der Antike aber auch und vor allem an der Architektur der Renaissance orientiert. Diese Entwicklung lässt sich deutlich an der Formensprache seiner Frühwerke ablesen (siehe Bilder). Nach und nach gelang es ihm seinen eigenen Duktus zu entwickeln.

Im Hinblick auf sein Spätwerk spielte die Arbeit für die Bühne eine nicht zu vernachlässigende Rolle in seinem Gesamtwerk – gerade im Hinblick auf die Errichtung der Kirche zu heiligsten Dreifaltigkeit.

Bühnenbild für König Ödipus, Salzburg 1965

Bühnenbild für König Ödipus, Salzburg 1965

Fritz Wotruba hat unter anderem das Bühnenbild für König Ödipus im Burgtheater (Wien, 1960) oder 1965, ebenso für König Ödipus, die Bühne für die Salzburger Festspiele entworfen. Das muss hier besonders hervorgehoben werden, da der Künstler selbst einst betont hatte, dass er mit dem Auftrag für die Kirche im Jahre 1971, endlich weg von der ‚unechten‘ Theaterarchitektur hin zur echten Architektur kommen würde.

Wotruba: „Wenn dieser Bau glückt, wird er von grosser Dynamik und Dramtik sein. Das scheinbare Chaos, das durch die Anordnung asymmetrischer Blöcke entsteht, sollte zuletzt eine harmonische Einheit ergeben.“ (Der kursiv gestellte Text ist der Stiftungsseite entnommen; den Verweis finden sie hier.) Diese Entwicklung und Emanzipation gegenüber seinen Vorbildern war es schließlich die im zur formalen Abstraktion und somit zur verwendeten Rhetorik führten, wie wir sie in der Kirche zur heiligsten Dreifaltigkeit finden.

Die Kirche – Höhepunkt und Abschluss

Sie wurde bereits 1971 in Auftrag gegeben und konnte erst, nach langem Ringen, von 1974-1976 unter dem Architekten Fritz Mayr erbaut werden. Erst ein Jahr nach Wotrubas

Sitzende Figur (Der Denker), 1948

Sitzende Figur (Der Denker), 1948

Tod wurde sie 1976 geweiht und erfreut sich heute als Ausflugziel der Bevölkerung großer Beliebtheit.

152 Betonblöcke bilden einen scheinbar chaotischen und zufälligen Berg aus unterschiedlich großen Quadern. Die Fassade hat wenig überraschend für das Werk und Denken Wotrubas keine Schauseite oder etwa einen Kuppelüberbau. Vielmehr ergibt sich die Gesamtheit aus dem Zusammenwirken der einzelnen Bauelemente. Stilistisch wird sie dem Brutalismus zugeordnet. Die Betonung liegt auf der Archaik der verwendeten Komponenten. Gleichsam eines tektonischen Impaktes scheinen sich die Platten, Quader und Würfel mit jedem Schritt neu zu verschieben und anzuordnen. Man spricht in so einem Falle von Multivalenz (Vielwertig- oder -deutigkeit). Es gibt im Sinne des Architekten kein klar definiertes Innen oder Außen. Und genau in diesem Punkt liegt die größte Stärke und das wahrlich Originäre der Kirche. Betrachter sowie Besucher werden so zu einem permanenten Dialog eingeladen. Der Außenraum wird zum Innenraum, um wieder zum Aussenraum zu werden usw. Unterstrichen wird diese Aussage durch die mannigfaltigen Auslassungen zwischen den einzelnen Bauelementen. Wie unzählige Ströme ergießen sich Lichtfontänen ins Innere und ermöglichen so ein dynamisches und stets andersartiges Oszillieren des Lichtes. Durch die Vereinigung von scheinbaren Widersprüchen, wie waagrecht und senkrecht, Innen und Außen, oben und unten, Licht und Dunkel, Fragment und Endgültigkeit, demonstriert Fritz Wotruba seine kosmopolitische Weltsicht, die stets darauf bemüht war auch unvereinbares zu vereinen und unversöhnbares zu versöhnen.

So bildet die Kirche einen monumentalen Abschluss und gleichzeitig ist sie Höhepunkt seines Wirken, Schaffen und Denkens. Man muss wohl in der Verwirklichung dieser einzigartigen Idee als Kirche eine Wiederversöhnung der Schrecken und Folgen der Shoha des 2.Weltkrieges begreifen.

Das Copyright des Titel-Bildes liegt finden sie hier.

Das Copyright aller anderen Bilder ergibt sich durch das Anklicken der selben.

Im nächsten Artikel: Die schönsten Kirchen Wiens: Teil4 – Die Otto Wagner Kirche



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