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Stadt der Frauen – Ausstellung im Unteren Belvedere Wien

 Künstlerinnen in Wien von 1900 bis 1938

2018 war in Wien das Jahr der großen Kunstgenies Wagner, Klimt, Schiele und Moser, deren Todestag sich zum hundertsten Mal jährte und deren Schaffen vielen Zeitgenossen und nachfolgenden Künstlergenerationen den Weg in die Wiener Moderne und neue  Stilrichtungen des 20. Jahrhunderts ebnete. Was die wenigsten wissen: Neben den vielen namhaften männlichen Künstlern der Jahrhundertwende und des beginnenden neuen Jahrhunderts prägten auch zahlreiche kunstschaffende Frauen das Ausstellungsgeschehen und die Kunstszene jener Epoche, und das auf Augenhöhe mit Klimt, Schiele und Co.. Die Ausstellung „Stadt der Frauen“, die bis 19. Mai 2019 im Unteren Belvedere Wien gezeigt wird, holt diese fabelhaften Frauen aus der Vergessenheit ins Rampenlicht zurück und beleuchtet ihr beeindruckendes Werk.

Ausstellungsansicht STADT DER FRAUEN-Foto Johannes Stoll (c) Belvedere Wien

Erweitern Sie Ihr Blickfeld auf die Wiener Moderne

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren Frauen aus dem Kunstgeschehen in Wien nicht wegzudenken. Wie Gustav Klimt oder Egon Schiele stellten sie ihre Malereien und Plastiken in renommierten Galerien und bedeutenden Museen aus und leisteten bemerkenswerte Beiträge zur Wiener Moderne. 1938 wurden sie aus der Kunstgeschichte verbannt und vergessen. Das Belvedere hat sich mit „Stadt der Frauen“ der Herausforderung gestellt,  jene Künstlerinnen wieder vor den Vorhang zu holen.

„Das Belvedere ist berühmt für seine Sammlung aus der Zeit der Wiener Moderne. Umso mehr ist es mir ein großes Anliegen, die vergessene weibliche Seite dieser Epoche in ihrer ganzen Reichweite wieder sichtbar zu machen. Die Künstlerinnen jener Jahre waren und sind eine große Inspiration, und ihren Werken wurde völlig zu Unrecht fast ein Jahrhundert lang kaum Beachtung geschenkt“, so Stella Rollig, Generaldirektorin des Belvedere (Zitat).

Broncia Koller-Pinell, Die Ernte 1908 (c) Belvedere Wien

Und das Belvedere hat es sich nicht leicht gemacht: 260 Exponate von rund 60 Künstlerinnen, vorrangig aus den Jahrzehnten zwischen 1900 und 1938, sind in der Schau zu bewundern. Damit ist „Stadt der Frauen“ die bislang umfangreichste Präsentation der Kunst von Frauen der Wiener Moderne seit Beginn des Zweiten Weltkriegs. Zu jeder Künstlerin wurde eine chronologische Biografie erstellt, die den oft schwierigen Werdegang veranschaulicht. Teile der gezeigten Kunstwerke waren seit drei Generationen nicht mehr zu sehen. Die Schaustücke  verdeutlichen, dass Frauen in allen wichtigen Stilrichtungen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vertreten waren, wie Stimmungsimpressionismus, Secessionismus, Expressionismus, Kinetismus oder Neue Sachlichkeit. – An dieser Stelle ist Broncia Koller-Pinell zu erwähnen. Die 1934 verstorbene Künstlerin mit jüdischen Wurzeln hat zu den meisten dieser Kunstströmungen maßgeblich beigetragen – höchst beeindruckend.

Eine Spurensuche

Mit historischen Fotos und Dokumenten werden die Schauplätze der Wiener Moderne gezeigt, an denen es Frauen möglich war, ihre Werke der Öffentlichkeit zu präsentierten, wie die Secession oder die Galerie Miethke.

Sabine Fellner, Kuratorin der Schau: „Während der Vorbereitungen zur Ausstellung habe ich mich auf eine Entdeckungsreise begeben. Bilder dieser großartigen Frauen waren teils auf Dachböden gelagert oder in Depots versteckt, ohne dass es jemand wusste. Wir bringen somit eine wichtige Seite der Kunstgeschichte im wahrsten Sinn des Wortes wieder ‚ans Licht‘.“ ( Zitat)

Fantastische Frauen und ihre Geschichte/n

Künstlerinnen wie Olga Wisinger-Florian, Tina Blau, Elena Luksch-Makowsky, Emilie Mediz-Pelikan oder Helene Funke bauten sich trotz gesellschaftlicher Widerstände Karrieren auf, die in jener Zeit in der Kunstszene eher den Männern vorbehalten waren. Der Zugang zur Akademie der bildenden Künste war Frauen verwehrt, es mangelte an Präsentationsmöglichkeiten. Dennoch waren einige Künstlerinnen in Ausstellungen des Künstlerhauses oder der Secession vertreten – qualitativ den Männern ebenbürtig, jedoch ohne jemals auch nur die Chance einer ordentlichen Mitgliedschaft bei diesen Vereinigungen zu erhalten. Schon früh schlossen sich Frauen daher zu eigenen Vereinen zusammen, etwa zur Vereinigung bildender Künstlerinnen Österreichs (VBKÖ). Ankäufe der  Staatsgalerie bestätigen, dass diese Zusammenschlüsse erfolgreich waren.

Emilie Mediz-Pelikan, Blühende Kastanien 1900, Foto Johannes Stoll (c) Belvedere Wien

Anfangs noch auf Blumen- oder Landschaftsmalerei reduziert, besetzten Frauen seit der Jahrhundertwende neue Themen und Genres, befassten sich intensiv mit den neuen Stilrichtungen und widmeten sich der Aktmalerei. Viele beschäftigten sich mit sozialkritischen und politischen Themen und ließen diese in ihre Kunstwerke einfließen.

1938 endete die Präsenz von Frauen in der Kunst. Das NS-Regime und der Zweite Weltkrieg führten zum Verschwinden ihrer Arbeiten aus Museen, Galerien und der Kunstgeschichte. Viele Künstlerinnen waren jüdischer Herkunft und mussten flüchten. Andere wurden durch den eingebrochenen Kunstmarkt ins Exil gezwungen und konnten nie wieder eine Karriere aufbauen. Nur einigen wenigen gelang es, nach ihrer Emigration wieder Fuß zu fassen. Künstlerinnen und ihre Werke gerieten in Vergessenheit.

Erst in den letzten Jahrzehnten begann die Aufarbeitung dieser Seite der Kunstgeschichte. „Stadt der Frauen“ versteht sich als Anstoß zur weiteren wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit diesem Thema.

 

Mein Fazit: Eine sehr interessante, oft überraschende und äußerst umfangreiche Ausstellung, die in beeindruckender Weise die visionären Frauen der Wiener Moderne aus der Vergessenheit zurückholt (am besten planen Sie zwei Besuche ein, um auch wirklich alle Kunstwerke ausgiebig bestaunen zu können). Auch wenn die Anzahl der präsentierten Künstlerinnen beinahe den Rahmen sprengt – die Schau weckt die Neugier und macht Lust auf mehr.

Hier gleich ein Tipp zu „mehr“: Das Leopold Museum widmet Olga Wisinger-Florian, die in „Stadt der Frauen“ ebenfalls vertreten ist, von 24. Mai – 21. Oktober 2019 eine Ausstellung.

 

Stadt der Frauen.
Künstlerinnen in Wien 1900 – 1938.

 https://www.belvedere.at/stadt_der_frauen

bis 19. Mai 2019
im
Unteren Belvedere Wien
Rennweg 6
1030 Wien

Täglich 10.00 – 18.00 Uhr
Freitag 10.00 – 21.00 Uhr

Eintrittspreise:
Erwachsene/regulär: € 14,-
Ermäßigter Eintritt: € 11,-
Kinder und Jugendliche (bis einschließlich 18 Jahre): Eintritt frei

 

Titelbild: Helene Funke, „Träume“ 1913, Foto Johannes Stoll © Belvedere Wien

Daten- und Bildquellen: © Österreichische Galerie Belvedere, https://www.belvedere.at/de
Mit bestem Dank für die freundliche Unterstützung.

 

 



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