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Klimt ist nicht das Ende – Unteres Belvedere Wien

Oskar Kokoschka-Der Prager Hafen 1936(c)Belvedere Wien

Beeindruckende Ausstellung zur Kunst der Zwischenkriegszeit

Der Titel macht neugierig: „Klimt ist nicht das Ende“ – worauf will man hinaus? Der große österreichische Maler Gustav Klimt ist eine Leitfigur der österreichischen Kunst, er prägte den Jugendstil, war ein Mitbegründer der Secession und schuf Gemälde mit Weltruhm. Bis heute ziehen sein Name und seine Kunstwerke die Menschen in ihren Bann. Natürlich ist klar, dass nach ihm die (Kunst-)Welt nicht stehen blieb, dass sie sich aber mit der gezeigten Vielfalt, Intensität und Modernität weiterdrehte, ist beeindruckend und faszinierend. Bis 26. August 2018 können sich Interessierte im wahrsten Sinn des Wortes im Unteren Belvedere ein „Bild“ davon machen, wie visionär und modern die Künstler und ihre Werke in der schweren und unsicheren Zeit zwischen den zwei Weltkriegen waren. Ganz großes „Theater“ vor dem Hintergrund einer schwierigen Epoche!

Aufbruch in Mitteleuropa

Gustav Klimt – Johanna Staude 1918 unvollendet (c) Belvedere Wien

Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs war Klimt 52 Jahre alt. Nicht zum Kriegsdienst eingezogen, konnte er, im Gegensatz zu vielen jüngeren Künstlerkollegen, seine Arbeit weiterführen. Klimt galt lange Zeit für viele der nachfolgenden Generation als „Vaterfigur“, hatte er doch die Kunst des Wiener Fin de Siècle geprägt und den Beginn der Karrieren von Oskar Kokoschka oder Egon Schiele gefördert. Er und andere Künstler dieser „Vätergeneration“, wie z.B. Alfons Mucha, waren Wegbereiter der Moderne.  Der Krieg stellte eine Zeitenwende dar und erforderte eine Neuorientierung der Kunstschaffenden. Bereits nach 1914 wurde Klimts Werk von den Künstlerkollegen zunehmend als historisch empfunden.

Gustav Klimt, Egon Schiele, Otto Wagner und Koloman Moser, die „Giganten“ der Kunstwelt zur Jahrhundertwende, starben 1918 – das gilt als Ende einer Ära. Und so ist am Beginn der Ausstellung – ganz logisch – das Spätwerk Gustav Klimts zu sehen, das sozusagen den Anstoß für die Kunst der nachfolgenden Jahre gibt.

Grenzenlos – in jeder Hinsicht

Die Zwischenkriegszeit ist geprägt von dem Wunsch internationaler Vernetzung abseits neuer politischer und ideologischer Grenzen. Ein reger künstlerischer Austausch – über alle Grenzen hinweg – sorgt für die Entfaltung neuer Tendenzen. Kosmopolitische Netzwerke entstehen unter den Kunstschaffenden des neuen Österreich und der Nachfolgestaaten der ehemaligen Donaumonarchie. Das künstlerische Schaffen verlagerte sich von der einstigen Hauptstadt der Monarchie, Wien, nach Berlin oder Paris. Der ehemalige Vielvölkerstaat hatte sich aufgespalten. Dennoch bildeten sich neben den Netzwerken Interessensgruppen,  man traf sich in Kunstzentren. Die künstlerische Identität war wichtiger als die nationale. Große Bedeutung kam  dabei zunehmend Zeitschriften zu, über die sich Neues verbreitete und so länderübergreifend kommuniziert wurde.

Erika Giovanna Klien – Komposition mit Saiteninstrumenten 1923-1924 (c) Belvedere Wien

Zahlreiche Kunstschaffende nahmen am politischen Neubeginn teil und wandten sich neuen Richtungen zu, Kunstströmungen, die ihre Anfänge bereits vor dem Krieg hatten, fanden durch die Umbruchstimmung in ganz Europa neuen Nährboden. Beispiele dafür sind der Surrealismus, der Expressionismus, der Neue Realismus, die Phantastik und das Bauhaus. Die Ausstellung gibt einen umfassenden Überblick über die künstlerische, schier grenzenlose Vielfalt dieser Zeit.

Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs setzte dieser Internationalisierung ein jähes Ende und rückte das Verständnis der kulturellen Gemeinsamkeiten wieder in den Hintergrund. Die Ausstellung endet mit einem Zitat Franz Grillparzers: „Der Weg der neueren Bildung geht von der Humanität durch Nationalität zur Bestialität.“

Insgesamt sind Arbeiten von rund 80 Künstlern zu sehen u.a. von Josef Capek, Friedl Dicker-Brandeis, Albin Egger-Lienz, Oskar Kokoschka, Koloman Moser, Antonin Prochaska, Egon Schiele, Gustav Klimt und Lajos Tihanyi.

Mein Fazit: Beeindruckt von der Vielzahl der gezeigten Werke und der präsentierten Künstler, ziehe ich vorrangig meinen Hut vor deren Mut, Kreativität und Zukunftsorientiertheit in einer Epoche der Ungewissheit und Unbeständigkeit, der politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Unsicherheit. Man sieht und spürt förmlich die Einflüsse jener Zeit in den gezeigten Bildern und Schaustücken, sowohl die schmerzhaften und leidenden, wie z.B. bei der Skulptur „Der letzte Mensch“ von Anton Hanak, also auch die Aufbruchsstimmung und das nue Selbstbewusstsein der neuen Staaten, wie z.B. bei „Der Prager Hafen“ von Oskar Kokoschka. Stilrichtungen, die man eigentlich zeitlich erst später einordnet, entstanden schon zu dieser Zeit und in spannenden Werken. Diese Ausstellung macht Lust auf mehr aus jener Zeit.

TIPP 1: Lassen Sie sich die themenübergreifende und zeitgleich stattfindende Ausstellung „Klemens Brosch – Wiederentdeckung eines großen Zeichners“ in der Orangerie / Unteres Belvedere nicht entgehen. Die Bilder dieses Ausnahmekünstlers sind grandios, sein kurzes Leben war intensiv, sein Tod tragisch. Sehr sehenswert.

TIPP 2: Wenn Sie schon mal da sind: „Der Kuss“ von Gustav Klimt (zu sehen im Oberen Belvedere) sollte Ihnen ebenfalls einen Besuch wert sein. Bei Schönwetter können Sie vom Unteren in das Obere Belvedere wunderbar zu Fuß durch den Garten und die Parkanlagen des Schlosses spazieren, wie einst vielleicht schon Prinz Eugen von Savoyen …

Ausstellungsansicht Klimt ist nicht das Ende-Foto Johannes Stoll (c) Belvedere Wien

Klimt ist nicht das Ende. Aufbruch in Mitteleuropa
von 23.März – 26. August 2018

im Unteren Belvedere
Rennweg 6, 1030 Wien

https://www.belvedere.at/Klimt_ist_nicht_das_Ende

Geöffnet täglich von 10.00 – 18.00 Uhr
Freitag von 10.00 – 21.00 Uhr

Regulärer Eintritt: € 13,00 (Unteres Belvedere)

 

Daten- und Bildquellen: © Österreichische Galerie Belvedere, Wien, Pressestelle, https://www.belvedere.at/de
Mit bestem Dank für die freundliche Unterstützung.

Titelbild: Oskar Kokoschka – Der Prager Hafen 1936 © Belvedere, Wien

 



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