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Otto Wagner – Gesamtwerk im Wien Museum Karlsplatz

Otto Wagner Pavillon Karlsplatz-Foto Hertha Hurnaus(c)Wien Museum

Weltstadtarchitekt mit Weitblick

Was fällt Ihnen zu „Otto Wagner“ ein? Bestimmt die „Postsparkasse“ und die „Kirche am Steinhof“, oder auch die Stadtbahnpavillons am Karlsplatz in Wien – unbestritten die bekanntesten Werke des großen Architekten. Wie umfangreich das Schaffen dieses Visionärs tatsächlich war, dokumentiert die aktuelle Ausstellung seines Gesamtwerks anlässlich des 100. Todestages Otto Wagners im Wien Museum auf höchst beeindruckende Weise. Ein „Muss“ für alle, die mit offenen Augen durch Wien gehen.

Der „Vater der Moderne“

Porträt Otto Wagner 1896 – Gottlieb Theodor Kempf von Hertenkampf (c) Wien Museum

Diese Benennung wird Otto Wagner mehr als gerecht, zählt er doch bis heute zu den bedeutendsten Architekten zur Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert. Seine realisierten Bauwerke, sowie die unzähligen Entwürfe und Pläne jener Zeit machen deutlich, wie visionär und zukunftsorientiert der Architekt und Künstler agierte. Von seinen frühen Wettbewerbseinreichungen bis zu den letzten Plänen kurz vor seinem Tod ist ein stetiger Wandel erkennbar, angepasst an die Anforderungen der jeweiligen Zeit, an den Zweck der Bauwerke und letztlich an die Menschen.  Wagner trat auf seinem Weg vom Historismus in die Moderne für eine funktionelle Baukunst ein, bezog neue Materialien erstmals offen sichtbar und die moderne Lebensweise in sein Schaffen ein. – Diese visionären Vorstellungen teilten zu jener Zeit nicht alle, Traditionalisten feindeten die zukunftsweisenden Entwürfe oftmals an – das erklärt auch, warum viele Projekte Otto Wagners nicht realisiert wurden, vor allem im öffentlichen Städtebau Wiens.

Die Anfänge

Am 13. Juli 1841 wurde Otto Koloman Wagner in Penzing/Wien geboren. Vater Rudolf Simeon Wagner, königlich-ungarischer Hofnotar an der Ungarischen Hofkanzlei in Wien, und Mutter Susanne lebten in großbürgerlichen Verhältnissen. Rudolf Wagner starb, als sein Sohn fünf Jahre alt war.

Trotz der finanziellen Engpässe, die sich aufgrund des Todes des Vaters ergaben, erhielt Wagner eine gute Ausbildung. Nach dem Besuch des Wiener Akademischen Gymnasiums, des Stiftsgymnasiums Kremsmünster und des Polytechnikums in Wien, wo er maturierte, studierte er Mathematik, Physik, Darstellende Geometrie, Technologie und Zeichnen, sowie ab 1860 an der Königlichen Bauakademie in Berlin und an der Akademie der bildenden Künste in Wien, parallel machte er eine Maurerlehre bei einem Wiener Stadtbaumeister. 1862 trat der 21-Jährige dem Atelier Heinrich von Försters bei. Er gehörte damit zum Kreis um Ludwig Förster und Theophil von Hansen. 1864 begann Wagner selbständig im Stil des Historismus zu bauen – exakt jenem Stil und der Zeit mit dem großen Projekt der neuen Wiener Ringstraße entsprechend.

Teilnahmen an Wettbewerben in der k.u.k. Monarchie und im Ausland, bei denen Otto Wagner auch zahlreiche Preise gewann, festigten sein Ansehen.  In den 1870er und 1880er Jahren konnte er vor allem Wohn- und Geschäftshäuser (wie z.B. das Ankerhaus) und Villen realisieren.

Bestätigung und Ablehnung

Postsparkasse Wettbewerbsprojekt 1903 (c) Wien Museum

In den 1890er Jahren wurde der Bau der Wiener Stadtbahn konkret. Wagner wurde als künstlerischer Beirat mit der einheitlichen Ausgestaltung der Hochbauten und Brücken der Stadtbahn betraut.

1894 wurde Otto Wagner zum Professor an der Akademie der bildenden Künste berufen. Die Einflüsse der Studenten prägten Wagners Arbeit nachhaltig. Er öffnete sich den aktuellen Strömungen des internationalen Art Nouveau und wurde zum Vater der Wiener Secession. Mit der „Wagner-Schule“ bildete er eine Riege moderner Architekten nach seinen Vorstellungen aus und sorgte damit für die Verbreitung seiner Ideen.

1898/1899 errichtete Wagner an der Linken Wienzeile drei Wohn- und Geschäftshäuser, unter anderem das heute berühmte Majolikahaus. Zur gleichen Zeit, also ebenfalls während des Stadtbahnbaus, befasste sich Wagner mit der Gestaltung des Nussdorfer Wehrs. Außerdem war er mit dem Bau der Kirche am Steinhof beschäftigt, die zu Wagners Hauptwerken zählt, ebenso wie die k.u.k. Postsparkasse – zwei Schlüsselbauten der Architektur des 20. Jahrhunderts. Die Postsparkasse war der erste, ganz aus der Funktion entwickelte Zweckbau, die Kirche am Steinhof gilt als erste moderne Kirche. Sowohl das Majolikahaus, als auch Postsparkasse und Kirche am Steinhof erhielten eine neuartige, kostengünstige Verkleidung, die zu einem Markenzeichen des „Verkleidungskünstlers“ Wagner wurde.

Badezimmer der Wohnung Wagner im Haus Köstlergasse 3-1899 (c) Wien Museum

Rund um diese Bauten entstand eine ganze Reihe von Entwürfen für Hotels, Krankenhäuser, Kirchen, Museen, Ministerien usw., die als Modelle für die Metropole des 20. Jahrhunderts gelten – jene „unbegrenzte Großstadt“,  die Wagner 1911 als Zukunftsvision in Buchform veröffentlichte. In dieser Zeit realisierte er seine letzten Wohnhäuser, geprägt von radikaler Einfachheit und Reduktion, sowohl Bauwerk als auch Innenausstattung und Möbel betreffend.

Mit unzähligen Bauvorhaben hatte Otto Wagner ob seines modernen Stils keine Chance – bei der Um- und Neugestaltung der Hofburg, des k.u.k. Kriegsministerium und der Kaisergruft, sowie der Gestaltung des Karlsplatzes und vielen weiteren Projekten konnte sich der Visionär nicht gegen die Traditionalisten mit ihrem bevorzugten Stil des Historismus durchsetzen.

Mit dem Ersten Weltkrieg wurden sämtliche Bauprojekte eingestellt, Wagner verlegte sich gänzlich auf die Entwurfstätigkeit und plante für die Friedenszeit nach dem Krieg. Der Tod seiner geliebten Frau Louise 1915 traf ihn tief. In seinen letzten Lebensjahren zog sich Wagner immer mehr zurück. Trotzdem – die Entwürfe für Baracken, Siegeskirchen und Kriegerdenkmäler zeugen bis zum Schluss von der Auseinandersetzung mit damals aktuellen Themen.  Im April 1918 starb Wagner im Alter von 76 Jahren.

Otto Wagner – privat

Die Ausstellung im Wien Museum beleuchtet zum großen Teil das berufliche Schaffen des Ausnahme-Städtebauers. Der erfolgreiche Architekt führte aber auch ein bewegtes Privatleben. Die Braumeisterstochter Sophia Paupie heiratete er zwar nicht, hatte aber mit ihr zwei Söhne, die er 1882 adoptierte. 1867 ehelichte er (auf Drängen seiner Mutter) Josefine Domhart. Mit ihr hatte er zwei Töchter. Kurz nach dem Tod seiner Mutter ließ er sich von Josefine scheiden und heiratete 1884 Louise Stiffel, seine große Liebe, mit der er drei Kinder hatte und bis zu deren Tod 1915 eng verbunden war.

 

Mein Fazit: Eine gigantische Gesamtausstellung zum Schaffen und der Intention des großen Architekten Otto Wagner – die meisten der rund 500 Exponate stammen aus Beständen des Wien Museums, ergänzt durch hochkarätige internationale Leihgaben, viele der Objekte werden zum ersten Mal öffentlich gezeigt. Sehr sehenswert und interessant!
Tipp:  Planen Sie gleich vorweg zwei Besuche ein – in einem Durchgang sind die vielen interessanten Pläne, Entwürfe, Schaustücke, Modelle und Bilder kaum zu (er-)fassen. Ich für meinen Teil finde es aus heutiger Sicht schade, dass nicht mehr Projekte Otto Wagners realisiert wurden – Wien sähe vielerorts völlig anders und – wie ich denke – noch schöner aus.

 

Otto Wagner
bis 7. Oktober 2018
im Wien Museum Karlsplatz
1040 Wien, Karlsplatz 8
http://www.wienmuseum.at/
Website zur Ausstellung: http://www.wienmuseum.at/de/aktuelle-ausstellungen/ansicht/otto-wagner.html

Geöffnet von Dienstag bis Sonntag und Feiertage von 10.00 – 18.00 Uhr
Geschlossen: 1. Mai 2018

Eintrittspreise
Vollpreis: € 10,00
Ermäßigt:
Senioren, Wien-Karte, Ö1 Club, Menschen mit Behinderung, Studierende bis 27 Jahre, Lehrlinge, Präsenz- und Zivildiener, Gruppen ab 10 Personen: € 7,00
Kinder und Jugendliche unter 19 Jahren: Eintritt frei
Jeden ersten Sonntag im Monat für alle Besucher: Eintritt frei
Teilnahme an öffentlichen Führungen für alle Besucher – gratis (Plätze nach Verfügbarkeit)

 

Daten- und Bildquellen: © Wien Museum, Pressestelle, http://www.wienmuseum.at/
Mit bestem Dank für die freundliche Unterstützung.
Titelbild: Otto Wagner Pavillon Karlsplatz, ©Wien Museum, Foto Hertha Hurnaus

 



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